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Neues aus der Welt der
Wissenschaft |
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Unzufriedenheit: Langzeitfolge von Arbeitslosigkeit |
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In einer Gesellschaft,
die sich zu einem großen Teil über Arbeit definiert, ist
Arbeitslosigkeit nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein
psychologisches Problem. Wie eine aktuelle Untersuchung beweist, sinkt
bei Arbeitslosen die durchschnittliche Zufriedenheit mit dem eigenen
Leben - und zwar nicht nur kurzfristig, sondern auch auf lange Sicht,
selbst wenn wieder ein geregelter Arbeitsalltag eingetreten ist. |
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Zu diesem Schluss
kommt der Psychologe Richard Lucas von der University of Michigan, der
mit seinem Team die Daten einer Langzeitstudie mit mehr als 24.000
Teilnehmern analysierte. |
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Die
Studie erscheint unter dem Titel "Unemployment alters the set point for
life satisfaction" in der Fachzeitschrift "Psychological Science" (Bd.
15, Nr. 1, Jänner 2004) und befindet sich derzeitig in Druck. |
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Psychological
Science |
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Die
Theorie des subjektiven Wohlbefindens ... |
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Ausgegangen sind die
Wissenschaftler von der psychologischen Theorie des "subjective
well-being" (SWB). Ihr zufolge bleibt das subjektive Wohlbefinden über
den gesamten Zeitraum des Lebens hinweg mehr oder minder gleich, weil es
nicht durch konkrete Erlebnisse bestimmt ist, sondern durch Charakter
und Persönlichkeit der Individuen. |
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...
in Summe bleibt alles immer gleich |
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Zwar gebe es nach
einschneidenden Ereignissen - wie z.B. Hochzeiten, Geburten,
Krankheiten, Todesfälle - temporäre Änderungen, auf längere Sicht
bleiben die SWB-Werte aber konstant. Im Schnitt, so die Theorie,
verändere sich das subjektive Wohlbefinden durch besondere Erlebnisse
maximal drei Monate lang, dann pendle sich wieder alles auf das gewohnte
Niveau ein.
Dass dies zumindest im Fall von Arbeitslosigkeit nicht so ist, hat nun
das Psychologenteam um Richard Lucas festgestellt. Die Studie sei die
erste, welche die Langzeitwirkungen von Arbeitslosigkeit auf das
subjektive Wohlbefinden der Betroffenen untersucht habe. |
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24.000 Personen, 15 Jahre Untersuchungszeitraum
Das Schicksal von mehr als 24.000 deutschen Staatsbürgern wurde dabei im
Rahmen des "Sozio-Oekonomischen Panels (SOEP) des Deutschen Instituts
für Wirtschaftsforschung (DIW) 15 Jahre lang verfolgt. Sie wurden
jährlich interviewt, u.a. mussten sie auf einer Skala von 0 bis 10 ihr
subjektives Wohlbefinden bewerten. Mehr als 5.000 von ihnen waren im
Untersuchungszeitraum zumindest einmal von Arbeitslosigkeit betroffen.
Zur Überprüfung der SWB-Theorie wurde ein Sub-Sample aus rund 3.700
Personen mit wiedererlangten Arbeitsplätzen gebildet. |
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SOEP
(DIW) |
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Dauerhafte Reduktion des Wohlbefindens |
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Lucas und sein Team
stellten fest, dass die Erfahrung von Arbeitslosigkeit das subjektive
Wohlbefinden auf Dauer reduziert. Im Durchschnitt kehrten die
Betroffenen - auch Jahre nach der erlittenen Arbeitslosigkeit und selbst
wenn sie einen neuen Job gefunden hatten - nicht wieder zu den
ursprünglichen SWB-Werten zurück. |
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Frauen reagieren weniger negativ
Neben der Arbeitslosigkeit wurde eine Reihe weiterer sozioökonomischer
Variabeln untersucht: Einkommen, Geschlecht, Dauer der Arbeitslosigkeit.
Ein Resultat daraus: Frauen reagieren tendenziell weniger negativ auf
Arbeitslosigkeit als Männer. |
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Ein
neuer Grundwert entsteht |
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Es scheint so, als ob
sich durch die Erfahrung der Arbeitslosigkeit ein neuer SWB-Wert bildet,
der signifikant unter dem ursprünglichen liegt, schreiben die Forscher.
Mit anderen Worten: (Ehemalige) Arbeitslose sind langfristig weniger
zufrieden mit ihrem Leben als zuvor - und erreichen den zuvor gekannten
Grad der Zufriedenheit auch nie mehr wieder. |
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Keine Gewöhnung an Arbeitslosigkeit |
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Positiv, so merken die
Forscher an, wirke sich ein generell hohes Durchschnittseinkommen auf
die Zufriedenheit aus (auch nach dem Job-Verlust), besonders negativ die
Erfahrung mehrmaliger Arbeitslosigkeiten. Wer ein zweites Mal die Arbeit
verliert, den trifft es genau so hart wie beim ersten Mal, in dieser
Hinsicht gebe es keinerlei "Gewöhnungseffekte".
Lukas Wieselberg, science.ORF.at |
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