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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
Epigenetik: Erbkrankheiten "ohne" Gene?  
    Medizinern zufolge gibt es Fälle von erbgleichen Zwillingen, bei denen der eine von einer schweren Krankheit - etwa Schizophrenie - heimgesucht wird, während der andere völlig gesund bleibt. Die naheliegende Erklärung: Umwelteffekte. Was aber, wenn die beiden in der selben Familie und unter völlig identischen Bedingungen aufgewachsen sind? Die Antwort darauf sucht ein junges Forschungsgebiet, das die Schnittstelle von Anlage und Umwelt ins Visier nimmt: die Epigenetik.  
 
 
 
Neuere Ergebnisse aus der epigenetischen Forschung weisen darauf hin, dass etwa die Ernährungsweise einer Generation das Erkrankungsrisiko der Enkel für Diabetes beeinflussen kann.

Das klingt verdächtig nach der "Vererbung erworbener Eigenschaften" des so genannten Lamarckismus, hat aber eine einfachere Erklärung: Epigenetische Effekte sind, entgegen der bisherigen Lehrmeinung, bis zu einem gewissen Grad vererbbar - obwohl sie nicht die eigentliche Erbinformation, sondern die Aktivierung der Gene betreffen.
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Epigenetics and Disease: Altered states
Der Artikel "Epigenetics and Disease: Altered states" von Carina Dennis geht der Frage nach, inwieweit epigenetische Effekte für das Auftreten von Krankheiten verantwortlich sein könnten. Er erschien in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature" (Band 421, Seiten 686-88; Ausgabe vom 13.2.2003).
->   Nature
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Beispiel Dolly: Arthritis durch Klonen vererbt?
 
 
Wenige Jahre nachdem die kürzlich verstorbene "Dolly", das erste Klonschaf, das Licht der Welt erblickte, erschienen die ersten Medienberichte, in denen gemunkelt wurde, irgend etwas sei mit dem Tier nicht in Ordnung.

So wurde berichtet, Dolly habe Arthritis und andere Anzeichen von Alterskrankheiten. Wie ist das möglich? Schließlich war das Tier erbgleich mit seiner Mutter - und von dieser ist nicht bekannt, dass sie in jungen Jahren an solchen Symptomen litt.
->   science.ORF.at: Klonschaf Dolly hat Arthritis
Dollys epigenetischer Rucksack
 
 
Man nimmt an, dass dafür subtile chemische Veränderungen am Genom verantwortlich sind, die jedoch nicht die DNA-Sequenz betreffen. Diese Veränderungen bauen gewissermaßen ein Gedächtnis der Genaktivität auf, die von einer Zellgeneration an die nächste weitergegeben wird.

Im Fall von Dolly heißt das: Das Erbgut jener Euterzelle, die man zum Klonen von Dolly verwendet hat, wurde womöglich nicht vollständig "reprogrammiert". Mit anderen Worten, Dolly wurde mit einem belastenden "Rucksack" epigenetischer Information geboren, bei natürlichen Geburten sollte dieser Rucksack jedoch (fast) leer sein.
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Epigenetische Mechanismen
Das bekannteste Beispiel für epigenetische Signale ist die so genannte DNA-Methylierung. Dabei wird eine der vier Nukleobasen, Cytosin, mit einer Methylgruppe ausgestattet. Auch wenn diese Regel Ausnahmen kennt: DNA-Methylierung ist meist mit der Stilllegung von Genen assoziert, während aktive Gene meist unmethyliert sind. Ferner dürfte der Alterungsprozess mit der DNA-Methylierung zusammenhängen. Diese u.ä. Mechanismen fasst man bisweilen unter dem Begriff "genomic imprinting" zusammen.

Ein weiterer wichtiger Effekt betrifft die Veränderung des Chromatins (i.e. jene dicht gepackte Struktur, die der DNA-Doppelstrang u.a. mit Histon-Proteinen bildet). Auch hier kann das Anfügen von chemischen Gruppen an die Histone zu einer Veränderung der Genaktivität führen.
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Epigenetik erklärt Multiple Sklerose ...
 
 
Aber auch unter natürlichen Bedingungen spielen epigenetische Effekte eine wichtige Rolle. In der Medizin erkennt man langsam, dass die ausschließlich Gen-zentrierte Forschung nicht der Weisheit letzter Schluss sein kann.

Beispielsweise hat eine Arbeitsgruppe um Arturas Petronis von der University of Toronto in Canada festgestellt, dass die unterschiedlichen Erkrankungsphasen der Multiplen Sklerose durch Änderungen im epigenetischen Profil erklärt werden könnten (Trends in Genetics 17, S.142).
... sowie geistige Erkrankungen
 
 
Außerdem betreibt das Team um Petronis gegenwärtig Zwillingsstudien, um herauszufinden, ob der neue Erklärungsansatz auch für Schizophrenie-Erkrankungen anwendbar sein könnte.

Petronis warnt aber gleichzeitig davor, in einen neuen Erklärungsmonismus zu verfallen: "Nicht jeder Unterschied hat etwas mit Krankheit zu tun: Das zentrale Problem ist die Trennung von epigenetischem 'Hintergrundrauschen' und funktional wichtigen Signalen."
Umdenken in der Krebsforschung
 
 
Auch beim Thema Krebs bahnt sich ein Umdenken an: Andrew Feinberg von der Johns Hopkins University in Baltimore wies kürzlich in einem Übersichtsartikel darauf hin, dass Krebsgewebe häufig abnorme epigenetische Muster aufweist (PNAS 98, S.392).
Erbliche Ernährungssünden?
 
 
Besonders große Resonanz hat eine Studie ausgelöst, die ein Schwedisches Forscherteam im letzten Jahr veröffentlichte. Darin wurden die Ernährungsweisen und Krankheitsgeschichten verschiedener Familien untersucht.

Demnach ist das Risiko von Diabetes oder Herzkreislauf-Erkrankungen bei solchen Personen besonders hoch, deren Eltern oder Großeltern im Laufe ihrer Kindheit einer Überernährung ausgesetzt waren.

Die provokante Schlussfolgerung der schwedischen Mediziner: Die Überernährung hatte negative Effekte, die auf irgendeine Weise an die nächste Generation vererbt wurde.
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Die Studie "Cardiovascular and diabetes mortality determined by nutrition during parents' and grandparents' slow growth period" von G Kaati und Mitarbeitern erschien im European Journal of Human Genetics (Band 10, Aeiten 682-88.)
->   Zum Abstract der Studie
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Lamarcks Renaissance?
 
 
Das klingt bizarr und scheint auf den ersten Blick die Lehre des französischen Biologen Jean Baptiste de Lamarck wiederzubeleben, der meinte, die Evolution durch sein "Prinzip der Vererbung erworbener Eigenschaften" erklären zu können.

Bei genauerer Betrachtung bietet sich eine einfachere - aber immer noch sensationelle - Antwort an.
Dogma der Reprogrammierung in Gefahr
 
 
Bisher war man der Meinung, dass sich Keimzellen im Stadium der Befruchtung wie eine epigenetische "tabula rasa" verhalten. Studien wie jene der Schwedischen Mediziner lassen nun vermuten, dass diese Regel durchbrochen werden kann.

Alexander Olek von der Berliner Firma Epigenomics spekuliert, dass "Veränderungen der Ernährungsweise ein epigenetisches 'Muster' bewirken könnten, das an die nächste Generation weitergegeben werden kann."

Ob es einen solches "Muster" gibt - und wie dieses beschaffen sein könnte, wird die zukünftige Forschung zeigen.

Robert Czepel, science.ORF.at
->   Gen-Au: Genomforschung im Zeichen der Biomedizin
->   Klonschaf Dolly ist tot

 
 

 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
  momorats | 21.02, 11:03
Von einem Extrem ins nächste:
Zuerst waren es nur Gene und Mutationen die an allem Schuld waren. Jetzt gibts eine neues Phänomen und siehe da, das neue Ding kann alles erklären und bekante Probleme könnten in nähere Zukunft gelöst werden. Ich verstehe nicht, warum man nicht endlich einsieht, dass auch dieses Phänomen ein Teil des grossen Puzzles ist und für sich alleine gar nichts erklären kann, sondern nur unlösbare Fragen aufwirft. Erst der derzeit unmögliche Blick auf das Ganze kann Klarheit schaffen und @autrian: vor dem ersten Flug war man der Meinung, dass man nicht fliegen könne, vor dem ersten Überschallflug meinte man die Schallmauer sein die höchst mögliche Geschwindigkeit - warum sollte man nicht irgendwann die Probleme der Epigenetik beherrschen.
@sensortime: irgendwie Blick ich mich da nicht wirklich durch, mir fehlen alle Grundlagen der Messtechnik :)!
 
 
 
  sensortimecom | 20.02, 17:20
Epigenetik-Phänomene: Erklärung mittels Autoadaptions-Theorie
Auch die im Bereich der Genetik und Epigenetik emergierenden bio-physikalischen Phänomene lassen sich mit Hilfe der in meiner Page
http://www.sensortime.com/time-de.html
(Methode zur Generierung selbst-organisierender Prozesse für autonome
Mechanismen und Organismen/ US-Pat. US6172941) beschriebenen v/t-Quantisierungs- und Autoadaptions-theorie erklären.

Der darin enthaltene Auto-Adaptations-Satz lautet bekanntlich:

Jede aktuelle nicht-chaotische Zustandsveränderung (A) eines autonomen Systems (X) mit dem variablen dynamischen Verlauf vm(1,2,3..n) unterliegt einer aktuellen Folge von Verstreichzeiten TW(1,2,3 ..n) sowie einer kovarianten Folge von Versteichzeiten TW'(1,2,3..n) aus einer zeitlich versetzten Zustandsveränderung (A') oder aus einer Kombination unterschiedlich zeitlich versetzter Zustandsveränderungen (A1')(A2 ')...(An'),
wonach (A) mit (A') oder (A) mit (A1 ) (A2 ').... (An') annähernd isomorph ist.

wobei: TW = vm-adaptiv erfasste aktuelle STQ(i)- oder STQ(d)-Verstreichzeit Tw oder Td
und: TW' = vm-adaptiv erfasste kovariante STQ(i)- oder STQ(d)-Verstreichzeit Tw' oder Td

Diese Theorie der Verstreichzeiten- Erfassung und -Speicherung ist stark genug, um selbst komplexeste Systeme auf Modelle reduzieren zu können, die überschaubar und analysefähig sind.

weiter----->
 
 
 
  sensortimecom | 20.02, 17:22
-------- > weiter:
Nicht nur bei DNA-Replikation, sondern auch bei Regulation der Gene durch die Chromatinstruktur und bei Methylierung
spielt die Erfassung der ZEITLICHEN Prozessabläufe eine ENTSCHEIDENDE Rolle. Histone und andere Proteine können quasi lfd. elapse-time-Daten aufnehmen und "speichern", indem sie bestimmte Zusammensetzungen aufweisen und winzige "Marker" bilden, die ihrerseits wieder sensorisch/ rezeptorisch lesbar sind.
Spezifische Enzyme finden ihre DNA-Zielsequenz, indem sie die große & kleine Furche der Doppelhelix
auf ZEITINTERVALLE prüfen! Die angekoppelten Wasserstoffbrücken- donatoren und Akzeptoren haben den Charakter von Signalquellen und Sensoren, und das erkannte
Zeitmuster definiert die entsprechende C-T-A-G-Sequenz !

Diese Beispiele könnten beliebig weitergeführt werden.

Was an der Sache ganz und gar nicht gefällt, ist die Bepflasterung mit Patenten. Selbst auf diesem Gebiet, das für die Zukunft der Menschheit von unendlich großer Bedeutung ist (man denke nur an die Heilung von Krebs und MS sowie an die Verlangsamung des Alterns), regiert offensichtlich das Geld.
Eine kurze Recherche zeigte mir einige Patente, die in über 120 Ländern laufen und fast die gesamte Forschung blockieren werden. Wenn jemand Näheres wissen will, möge er mir ein mail senden, an:
info@sensortime.com

(Ich selber habe ggfs. vor, mal ein solches Patent per EIGENANMELDUNG AUZUHEBELN. Aus Protest).

mfg Erich B. www.sensortime.com
 
 
  elchupacabra | 19.02, 11:31
ahem, falsch...
"..Auch hier kann das Anfügen von chemischen Gruppen an die Histone zu einer Veränderung der Genaktivität führen. Diese u.ä. Mechanismen fasst man bisweilen unter dem Begriff "genomic imprinting" zusammen."

...eher chromatin remodelling, genomic imprinting ist was anderes.
 
 
 
  loekens | 19.02, 10:58
nachdenken
Was aber, wenn die beiden in der selben Familie und unter völlig identischen Bedingungen aufgewachsen sind?

in der natur gibt es keine 2 völlig idente bedingungen, auch nicht für die zwillinge.
 
 
 
  opus | 19.02, 10:34
viele
der Wissenschaftler glauben, dass häufig mutationen, die nach dem Splitting der Zygote entstehen, oft dafür verantwortlich sind.
 
 
 
  austrianstormchaser | 19.02, 09:25
Und darum wird das Klonen in absehbarer Zeit nie sicher ablaufen.
Die Epigenetik ist nciht verstanden, dieses Rückschalten auf Keimzellenniveau gelingt nur unzureichend, und nur bei wenigen Zellen.Deshalb sind die Fehlgeburtenn, die Rate der Mißbildungen auch dermaßen hoch. Deshalb ist jeder Wissenschafter ein VERBRECHER, der dies an Menschen versucht. Zum Thema Krebs: Es zeigt schön, wie sich der Verlust der Zellsteuerung während der Entsteheung von Krebs immer schlimmer auswirkt. Zu Beginn ists nur das eine oder andere wichtige DNA Reparaturgen welches draufgeht, das eine oder andere Zellsteuerungsgen (hält beui Schaden das Wachstum an, oder bringt die Z. in den programmierten Zelltod) folgt, Schließlich und endlich wird die zelluläre Uhr (alterstod nach ca. 35 Vermehrungen) abgeschaltet indem die Telomerase aktiviert wird. Die inzwischen schneller wachsenden Zellen sind genetisch instabil, weitere Mutationen die einen Vorteil bringen reichern sich an, (Nachteilige sterben oder werden überwachsen), bis eben die Zellsteuerung komplett ausgeschaltet ist, dies betrifft dann auch die Epigenetische Zellsteuerung. Gene werden schnell stillgelegt oder aktiviert, nun ist dies Wirksamer als die (langsamen) Mutationen... Irgendwann während dieser zeit gewinnt die Zelle auch noch die Fähigkeit zu wandern... Bösartiger Krebs entsteht, dessen Zellen obwohl sie alle von eienr einzigen abstammen total verschieden sind, durch eben Mutation und Epigenetik. Und deshalb auch so teuflisch schwer zu bekämpfen.
 
 
 
  allgeier | 19.02, 13:00
"Fortschrittsgläubige"
könnten hierauf antworten, dass durch intensive Forschung all diese Probleme "in den Griff" zu kriegen wären ... und der Kommerz möchte nicht argumentieren, sondern Begehrlichkeit wecken. Mit "Predigen" wäre dagegen nichts zu machen, sondern ich finde, Bildung bringt am meisten.
 
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