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Europa am Scheideweg: Einheit oder "Alt" gegen "Neu"?  
  Im Augenblick - so scheint es - steht Europa angesichts eines drohenden Krieges im Irak am Scheideweg: Der US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hat den Begriff des "alten Europa" geprägt, nun stellt sich das "neue Europa" in einem gemeinsamen Aufruf mehrerer Staaten an die Seite der USA - darunter auch die osteuropäischen EU-Beitrittsländer Ungarn, Polen und Tschechien. Dabei wäre gerade die bevorstehende Erweiterung eine Chance für die Einheit Europas, meint der deutsche Soziologe Wolf Lepenies - und plädiert für eine "Ideenpolitik, die über die Grenzen Europas hinausreicht".  
"Wir sind alle Europäer" titelt der Beitrag von Lepenies in der Süddeutschen Zeitung vom Donnerstag - und beginnt gleich mit einer Aufforderung, die mancher ungern hören wird: Die Aufforderung zur "europäischen Selbstkritik".
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Bild: dpa
Informationen zum Autoren Wolf Lepenies
Wolf Lepenies, geboren 1941, war lange Jahre Rektor des Wissenschaftskollegs in Berlin. Er ist Professor für Soziologie an der Freien Universität Berlin und - unter anderem - Mitglied der American Academy of Arts and Sciences, der Pariser Academie Universelle des Cultures sowie der Deutschen Akademie für Sprache & Dichtung.
->   Weitere Informationen in www.lyrikwelt.de
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Kritik statt Reflexion und Handlungshemmung
Selbstkritik wohlgemerkt - nicht Selbstreflexion, denn darin versunken und als ein an Handlungshemmung leidender Kontinent erscheine Europa heute vielen Amerikanern, "nicht nur den hemdsärmeligen Ideologen im Weißen Haus", so Lepenies.

Diese setzen im Augenblick auf das "Neue Europa", auf die "frischen Demokratien im Osten". Anlass für den Soziologen, von den Europäern Mut einzufordern für politische Perspektiven, die - so schreibt er - sich bereits unmittelbar nach dem Fall der kommunistischen Regime für ganz Europa öffneten.
Osteuropas Länder als "integraler Bestandteil"
Drei Reden seien dafür beispielhaft, meint Lepenies - und zitiert vor allem Joszef Antall, den ersten frei gewählten Ministerpräsidenten Ungarns nach dem Zweiten Weltkrieg, der in Bonn im Juni 1990 eine Rede voller Sprengkraft gehalten habe:

Antall habe damals dazu aufgefordert, "alteuropäische Länder wie Ungarn von Seiten der EU nicht mehr als Neulinge zu behandeln, sondern sie als integralen Bestandteil Europas anzuerkennen".

Damit sei eine Warnung verbunden gewesen, rekapituliert Lepenies weiter: Vor einer engen politischen Anbindung des europäischen Ostens an Amerika. "Hier wurde deutlich, dass das große Europa nur in Konkurrenz, nicht aber in Konfrontation mit Amerika entstehen konnte", schreibt der Soziologe.
USA kontra Europa? - "Wir sind alle Europäer"
In seinem Artikel widmet sich Lepenies auch der Frage, ob Amerika und Europa heute als Gegensätze begriffen werden sollten - und verneint dies: Die "Überlappung europäischer und amerikanischer Identitäten" sei bis heute wirksam", schreibt er.

"Ebenso wenig, wie die amerikanische Politik ihre europäischen Wurzeln verleugnen kann, kann die europäische Politik die Augen davor verschließen, dass amerikanische Überzeugungen und Leitbilder auf den alten Kontinent zurückwirkten."
Gegen einen Europa schwächenden Antiamerikanismus
Der Soziologe Lepenies jedenfalls sieht in den "Spaltungsversuchen" der US-Regierung auch eine produktive Chance für Europa - unter der Bedingung, dass auf einen Antiamerikanismus verzichtet wird, der Europas Einheit lediglich schwächen würde.

Er glaubt an die Möglichkeit einer Ideenpolitik, die "über die Grenzen Europas hinausreicht" - vielleicht unter engerer Zusammenarbeit mit der islamischen Welt. Deren Demokratisierung allerdings ist nach Lepenies nicht Voraussetzung, sondern Folge einer vertrauensvollen Kooperation.

Sabine Aßmann, science.ORF.at
->   Der Artikel von Wolf Lepenies im Volltext (SZ vom 30. Jänner 2003)
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at und ORF.at:
->   Aktuell in ORF.at: Der Irak-Konflikt spaltet Europa
->   Timothy Garton Ash zum "Anti-Europeanism" in den USA
->   Judith Butler und das Unbehagen über George W. Bush
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
  loveissuicide | 31.01, 21:57
Eh kloa...
...es ist wer gegen die Amis, und schon bekommt man von denen eine negativ behaftete Eigenschaft aufgedrückt. Sind die Kriegsgegner nun auch Staaten auf der Achse des Bösen?
Warum läßt sich Europa so viel gefallen vom Big Brother??
 
 
  sayanim | 31.01, 21:26
hmmm
Alle regen sich(zu Recht) über die Regierung der USA auf. Doch ich habe Angst vor dem Tag, an dem sich Europa seiner "Größe" besinnt. Denn keiner der Staaten in der EU, welcher diesen Krieg verurteilt, handelt aus irgendwelchen moralischen Gründen, es geht weder Schröder noch sonstwem um die Menschen im Irak, die schon immer unter dem, was die Machthaber entschieden, leiden mussten. Hier geht es um wirtschaftliche Interessen, und zwar ohne Ausnahme. Z.B., und das hat sogar der ORF glaub ich mal berichtet, die Giftgase mit denen die Kurden vergast wurden, die stammen aus Deutschland. Und Frankreich macht auch super Geschäfte.
Scheiß also auf die EU, auf jeden Staat, oder Staatenbund.
Deutschland, Frankreich, Österreich, ...die EU, USA, usw. müssen sterben, damit wir leben können!!!
 
 
  cre8 | 31.01, 14:57
Ich finde ...
Wolf Lepenies trifft mit seinen Argumenten den Nagel auf dem Kopf.

Ich bin weißgott USA-kritisch besser gesagt BUSH-kritisch. Doch Europa muß sich mit Ihnen arrangieren, denn sie sind nunmal da und noch dazu Supermacht. Trotzdem darf es nicht verboten sein, den USA seine Meinung über die Medien auszurichten. In jedem Fall muß Europa neue Verbindungen knüpfen etwa mit China (2010-15 wird es vorausichtlich wirtschaftlich die USA überholen und ihr wahrscheinlich die Supermachtstellung streitig machen - 2020 soll China Abnehmer von über 90 % des persischen Öls sein) oder der islamischen Welt.
Ich denke Europa hat, wenn es sich sputet und die Staaten Ihre nationalen Interessen zurückstellen , gute Chancen eine hoffentlich unvoreingenommene Schiedsrichterrolle in der Weltgeschichte einzunehmen.
 
 
  mantispa | 31.01, 11:02
Wenn nun mr bush losschlägt,
so hat das auch ein gutes (leider!): es beweist, dass der hochgemute satz der politologen, noch NIE habe eine demokratie einen angriffskrieg geführt, FALSCH ist.
 
 
  shushannah | 31.01, 11:49
Deswegen braucht Mr. Bush ja auch unbedingt eine Vorzeige-Begründung (irgendwas akut Bedrohliches soll es sein), weil ein Präventivkrieg gegen das Völkerrecht verstößt.
  bjayp | 30.01, 20:04
Europa vs. USA
Entweder zerbricht die EU und verschwindet wieder von der Landkarte (Meine Lieblingsvariante)

ODER

die EU stellt sich gegen die USA und zwar GESCHLOSSEN!
Wir brauchen die AMIS nicht. Wir haun uns mit den Chinesen, Japanern und dem ehem. ostblock sowie den Russen auf a Packl zam (AEU Asiatisch - Europäische Union?) und die Amis schaun durch die Finger!
(Auch gut)

ODER

die EU Staaten stellen sich mit den USA Schulter an Schulter und werden zum DÜMMLICHEN Mitläufer gegen einen Gegner der es mit den USA allein nicht wirklich aufnehmen kann.

Nebenbei sei angemerkt dass wenn USA den Irak angreift werden Indien und Pakistan sicherlich auch irhe Bomben auf einander abschiessen und was dann für frische strahlende Luft über Europa weht könnt ihr euch ja vorstellen!
 
 
  sensortimecom | 31.01, 09:21
In der Tat..
Das Scenario in deinem Schluss-Satz ist in der Tat eine sehr wahrscheinliche Folge.

Ich fürchte überhaupt, dass sich noch gar kein Mensch so richtig vorzustellen vermag, was beim "worst-case" alles passieren kann...

  19noah80 | 30.01, 18:27
war doch klar!
man hätte vor der sich mittlerweile voll im gange befindlichen osterweiterung versuchen können eine ideologische vereinheitlichung europas zu erreichen. wenn nur wirtschaftliche belange erörtert werden, kann man sich doch im nachhinein nicht wundern, daß die gemeinsamkeiten nicht darüber hinaus gehen.
 
 
  redcloud18 | 30.01, 18:16
Aaaaaaaaargh !
All jene, die diesen offenen Brief unterzeichneten sind nichts weiteres als schleimige, charakterlose Speichellecker der USA! Europa wird wohl aus der Geschichte gelernt haben, dass sich Probleme nicht mit Krieg lösen lassen. Meiner Meinung nach, sollten sich nun einige Länder (auch Österreich-doch wen interessierts) demonstrativ hinter Deutschland und Frankreich stellen. Russland und China teilen ja auch die Linie Deutschlands, und nur mit so einer weltweiten Allianz kann man den USA entgegentreten.
Das ganze ist ja zum kotzen: ich mein Länder wie Polen, Ungarn und Tschechien snd vielleicht auf die wirtschaftsbelebnede Hilfe aus den vereinigten Staaten angewiesen, nur was sich Spanien und Italien dabei denken ist mitr echt unklar, obwohl mit Italien war das immer schon so eine Sache (>Chamäleon-LoL)...!
 
 
  kanalhuhn | 30.01, 18:55
ganz deiner Meinung
Es ist echt schlimm, dass diese Länder den blöden Kriegshetzen der USA nachlaufen. Diese Erklärung ist die reinste USA-Schleimerei. Was mir noch auffällt, ist das typische "Amerika und alle seine Freunde sind die guten, und wer anderer Meinung ist, ist entweder veraltet oder böse"!

Ich hoffe dass Österreich sich ganz klar gegen einen Irak-Krieg ausspricht!!!
  ytlanep | 30.01, 17:39
Teile und Herrsche
Das sich die USA so verhält, wundert mich nicht. Das sich die Europäer so leicht auseinanderdividieren lassen ist erschütternd. Europa wird so lange seine eigenen Probleme nicht bewältigen können so lange einzelne Staaten sich an die USA anbiedern, um möglichst Nutzen aus ihrem Verhalten zu ziehen. Sie unterlaufen damit jeglichen innereuropäischen Abklärungsversuch. Nicht nur die USA hat die Politiker die es verdient, wir Europäer auch!
 
 
  19noah80 | 30.01, 18:30
siehe oben
europa muß man nicht außeinanderdividieren....
seit wann gibt es ein vereintes europa??? so etwas existiert nur am papier bei wirtschaftsexperten die über größere europäische märkte nachdenken, ohne die länder zu kennen. globalisierung ahoi.
  nbx6 | 30.01, 17:17

klingt sehr nach kanzelrede, ziemlich unkonkret
1. die nationalstaatlich interessenpolitik ist aus der jetzigen EU bei weitem nicht verschwunden sondern erklärt immer noch einen grossteil dessen, was an entscheidungen zustande kommt
2. militärisch ist europa vollkommen uneins. hier herrschen allein nationalstaatliche interessen vor. und die sehen bei den meisten beitrottsländern, v.a. polen, eben nach einer allianz mit den USA aus. gibt ja auch recht einträgliche gegengeschäfte. ausserdem ist polen ja durch seine historischen konflikte mit russland zu einem ausbau seiner verteidigungskräfte geradezu gezwungen. die überlegung dort ist vermutlich auch: wer würde UNS denn beistehen, wenn was mit russland schief geht? die deutschen, die franzosen, die EU?

aus westeuropäischer perspektive ist klar, weshalb man sich aus dem von den USA gewünschten krieg mit dubiosen hintergrundinteressen raushalten will, aus osteuropäischer sicht ist man verständlicherweise opportunistisch
 
 
  sir24 | 30.01, 16:45
Es wird Zeit....
... das sich Europa endlich emanzipiert, und von Amerika abgrenzt. Die Politik der Vereinigten Staaten führt bei mir (und wenn ich mir in der letzten Zeit div. Postings zu dem Thema anschaue, nicht nur bei mir) zu offener Aggresion. Womit nehmen sich ein paar Idioten, versammelt um einen Ober- Idioten das recht heraus das Schicksal der Welt in Ihre Hände zu nehmen. Dieses kulturlose, ungebildete (bei der 'gebildeten' Schicht kann man ja höchstens von Fachidioten sprechen, Allgemeinbildung ist dort nicht erwünscht) Volk hat nie gelernt mit anderen Kulturen umzugehen und sie zu respektieren. Ich nehme mal an das 95% der US-Amerikaner noch nie ihr Land verlassen haben, die Hälfte hat wahrscheinlich noch nie einen 'Ausländer' gesehen. Der gesamte arabische Raum ist Ihrer Meinung nach nur von Verbrechern bevölkert.
Toleranz anderen Kulturen gegenüber ist denen unbekannt, sie interessieren sich nicht mal für anderes, weil das was sie haben Ihrer Meinung nach das einzig richtige ist.
Ich finde es traurig das Europa nicht vereint gegen diesen US-Imperialismus auftritt, wenn Amerika sich endlich aus allen arabischen Ländern zurückzieht, und sich um seine eigenen (großen) Probleme kümmern würde, dann gäbe es mittelfristig auch keinen anti amerikanischen Terror mehr.
Ich habe ein halbes Jahr in Amerika gelebt, aber seit dem Amtsantritt von Mr.Bush, möchte ich nicht mal mehr auf Urlaub dort hin.... ich beginne Amerika, und die US Lobbies, zu hassen, Sie sind der Grund für viele Probleme auf dieser Welt, und sie gehören 'bekämpft'
 
 
 
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