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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Leben 
 
Der Arbeitsmarkt in einem sich wandelnden Europa  
    Wirtschaftsmigranten in einer erweiterten Europäischen Union könnten in offiziellen "Versteigerungen" für eine Arbeitserlaubnis in anderen Ländern bieten - als Bestandteil einer Initiative, um den europäischen Arbeitsmarkt effizienter zu gestalten. So lautet nur eine der Anregungen, die Wirtschaftswissenschaftler in einer neuen Studie über Migrationsmuster in Europa geben.  
 
 
 
Das Hauptergebnis der von Wissenschaftlern der britischen University of Kent durchgeführten Studie: Der ökonomische Impact der zunehmenden "Arbeitsmobilität" sei größtenteils positiv zu bewerten - sowohl in den Heimatländern der Migranten als auch in den Gastländern - und könne die Arbeitsflexibilität in Europa erhöhen.
Gegen gängige Vorurteile
 
 
Mit "größtenteils positiv" sei gemeint, dass der "Netto-Effekt" der Migration positiv zu bewerten sei, erläutert Roger Vickerman, Leiter des Forscherteams, die Zusammenfassung seiner Ergebnisse gegenüber science.ORF.at.

Einige Gruppen, beispielsweise frühere Gruppen von Migranten könnten vielleicht negative Auswirkungen erfahren, insgesamt gesehen überwiege jedoch der Gewinn.

Damit wirke die Untersuchung der geläufigen Ansicht entgegen, der zufolge Immigration in einem geringeren Durchschnittseinkommen, der Verdrängung heimischer Arbeiter und einer stärkeren Belastung der sozialen Einrichtungen resultiere.
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"The Dynamics of Change across Europe"
Die Wirtschaftswissenschaftler der University of Kent erstellten ihre Studie zur Arbeitsmarktsituation im Rahmen des Projektes "One Europe or Several? The Dynamics of Change across Europe", das vom britischen Economic and Social Research Council gesponsert wird.
->   Projekt-Homepage "One Europe or Several?"
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Erweiterung der EU: Migration und Arbeitsmarkt
 
 
Das Forscherteam unter der Leitung von Roger Vickerman hat im Hinblick auf die anstehende Erweiterung der EU durch Länder wie Polen oder Tschechien untersucht, wie sich die erwartete Migrationszunahme auf den Arbeitsmarkt der westeuropäischen Länder auswirken wird.

Denn vor diesem Hintergrund werden immer wieder Stimmen laut, die eine Überschwemmung der europäischen Arbeitsmärkte mit Arbeitskräften aus den neuen Beitrittsländern befürchten - zu Lasten der Arbeitnehmer in den jetzigen EU-Mitgliedsländern.

Bei ihrer Studie stüzten sich die Wissenschaftler zum einen auf bestehende statistische Informationen, sie erhoben jedoch auch neue Daten bzw. unterwarfen bestehendes Studienmaterial einer neuen Analyse.
Angebot und Nachfrage
 
 
Wie die Wissenschaftler in ihrem Bericht erläutern, funktioniert ihren Ergebnissen zufolge Migration dann am effizientesten, wenn Migranten mit besonderen Fähigkeiten mit den Bedürfnissen von potentiellen Arbeitgebern abgeglichen werden.

Kritisch gesehen werden nationale Immigrationsbestimmungen, die lediglich auf der zahlenmäßigen Beschränkung von Einwanderung basieren.

Stattdessen stützt der Bericht "ein auf Auktionen basierendes System von Migration, in dem die Zuwanderungserlaubnis entweder in der Gruppe der möglichen Immigranten oder der potentiellen Arbeitgeber angeboten wird".
Mehr Information notwendig
 
 
In der Studie ist auch vom "dringlichen Bedarf" für verbesserte Informationen über die Arbeitsmärkte in Europa die Rede, die sowohl den potentiellen Migranten als auch den Arbeitgebern zugänglich gemacht werden sollten.
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Populäre Mythen und Vorurteile
Aufgeräumt wird mit einigen populären Mythen und Vorurteilen über Migration und Immigration - hier einige der Ergebnisse im Detail:
1. Die meisten Migranten wollen nicht für immer in den Gastländern verbleiben, sondern reisen weiter bzw. kehren in ihre Heimat zurück. Nur wenige beabsichtigen einen dauerhaften Aufenthalt im Gastland.
2. Migranten, die mit ihren Ersparnissen heimkehren oder regelmäßig Geld in ihr Heimatland schicken, kurbeln nicht nur die Konsumausgaben in ihren Heimatländern an - sie stimulieren vor allem auch Investitionen, indem sie häufig eigene Unternehmen gründen. Rückkehrer kurbeln zudem die wirtschaftliche Produktivität in ihren Heimatländern an.
3. Die Motive von illegalen und legalen Immigranten unterscheiden sich nicht. Wie Vickerman gegenüber science.ORF.at erläutert, lagen den Forschern Daten zu albanischen Immigranten vor - illegalen ebenso wie legalen: Die Motive, also die angegeben Gründe für die Migration seien bei beiden Gruppen gleich gewesen. Ebenso das persönliche Profil der Betreffenden.
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"Kettenreaktion" an Migrationsbewegungen?
 
 
Wie Vickerman schreibt, sei eine "Kettenreaktion" an Migrationsbewegungen zu erwarten: Arbeiter aus den neuen Mitgliedsstaaten wie Polen werden versuchen, in den jetzigen EU-Ländern Fuß zu fassen, während andere aus noch weiter östlich gelegenen Ländern wie der Ukraine wiederum deren Platz einnehmen könnten.

Doch entgegen Befürchtungen einer Überschwemmung des Arbeitsmarktes in den Gastländern erfüllen die Migranten einen zentralen Bedarf: Schon in den vergangenen 50 Jahren habe Westeuropa immer wieder unter Arbeitskräftemangel gelitten.

Ein Mangel, der durch Zuwanderung ausgeglichen worden sei, die sich allmählich über alle EU-Mitgliedsländer ausgebreitet habe - so dass heute alle diese Länder "Arbeitskraft-Importeure" seien, heißt es in dem Bericht.
Alterung als Problem
 
 
Prognosen über die Zukunft der Europäischen Bevölkerung zeigen laut Studie zudem einen Rückgang bei den Geburten sowie damit einhergehend eine Alterung der Gesellschaft. Damit werde die effektive Arbeitskraft in der EU bis 2020 um 5,5 Prozent reduziert.
Einwanderung: Für Europa lebensnotwendig
 
 
Mit diesen Ansichten stehen die englischen Experten im Übrigen längst nicht mehr alleine da: Ohne Einwanderung habe Europa mit gravierenden wirtschaftlichen Nachteilen zu rechnen - auch die beste Bevölkerungspolitik könne daran nichts ändern.

Zu diesem Schluss kam der Bevölkerungsexperte und science.ORF.at-Host Rainer Münz beim Ö1-Symposion "Zukunft Europas", das im vergangenen Mai im Wiener Radiokulturhaus stattfand.
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Rainer Münz: Alle Gesellschaften Europas altern
Die Bevölkerungsverteilung in Österreich im Jahre 1910 habe die Bezeichnung Bevölkerungspyramide (viele junge, wenig alte Menschen) noch verdient, betonte Münz. Heute hingegen sei bereits jeder fünfte Österreicher älter als 60, 2040 soll es schon jeder dritte sein.

Das "Übergewicht der Älteren" sei neben der gestiegenen Lebenserwartung auch eine Folge sinkender Geburtenraten. Letzteres führe dazu, dass in fast ganz Europa die Bevölkerung früher oder später schrumpfen werde, sagte Münz. In Ländern wie Deutschland, Italien oder Griechenland sei die Bevölkerung zuletzt überhaupt nur mehr durch die Zuwanderung gestiegen.
->   Mehr dazu in science.ORF.at
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Geburtenrückgang trifft auch Kandidatenländer
 
 
Eigentlich müsste sich Europa schon jetzt massiv um Zuwanderer bemühen, meinte Münz beim Symposion. Der Bevölkerungswissenschaftler weist in einem Beitrag in science.ORF.at aber auch darauf hin, dass der Geburtenrückgang die Kandidatenländern für einen EU-Beitritt ebenfalls treffen wird.

Im Gegensatz zu gängigen Prognosen werde der Geburtenrückgang und die wirtschaftliche Entwicklung in den Ländern Ostmitteleuropas die Bereitschaft, in den Westen zu gehen, drastisch senken.
Bevölkerungsrückgang nicht aufzuhalten
 
 
Selbst wenn alle Ostmitteleuropäer tatsächlich kämen, die heute ans Auswandern denken, könne dies den Rückgang der Einwohnerzahl in Deutschland, Österreich oder Italien nicht aufhalten, so Münz.

"Was uns heute Angst macht, wird manchen schon bald als Antwort auf eine schrumpfende Bevölkerung erscheinen: die Zuwanderung aus Polen und anderen zukünftigen EU-Staaten", lautet das Fazit des Bevölkerungswissenschaftlers.
->   Rainer Münz: Bald keine Ost-West Wanderungen in Europa mehr?
->   University of Kent department of economics
->   UK Economic and Social Research Council
 
 
 
Weitere Informationen zu den Untersuchungen der Wirtschaftswissenschaftler von der University of Kent: Das Working Paper von Harry Papanagos und Roger Vickerman zu "Borders, Migration and Labour Market Dynamics in a Changing Europe".
->   Working Paper (pdf-file)

 
 

 
ORF ON Science :  News :  Gesellschaft 
 
  sensortimecom | 04.05, 11:54
So schauts aus.
wie heißt es hier: >Selbst wenn alle Ostmitteleuropäer tatsächlich kämen, die heute ans Auswandern denken, könne dies den Rückgang der Einwohnerzahl in Deutschland, Österreich oder Italien nicht aufhalten, so Münz.<

Ja das stimmt. Weil die heimische Bevölkerung dann gezwungen wäre ihrerseits auszuwandern.

Diejenigen, die sichs leisten können, in die Karibik oder nach Australien;
und diejenigen, die sich`s nicht leisten können in diejenigen Länder von wo die Migranten her sind - weil dort der Lebensstandard so niedrig ist dass sie von Ersparnissen leben können, nachdem sie ihre Arbeit verloren haben und das soziale Netz zusammengebrochen ist....
 
 
 
  wahreswort | 03.05, 11:14
churchill:
glaube nur der statistik, die du selber gefälscht hast.
es stellen sich immer 2 fragen:
wer ist der auftraggeber und was soll dabei rauskommen.
 
 
 
  kastor1 | 03.05, 11:07

Hier wird auf einseitig auf die Interessen der Wirtschaft Bezug genommen, also eines vom Individuum mit begrenzter Lebens- und Erlebnisspanne abgesetzten Kontinuums. WO bleibt das Lebensgefühl des Einzelmenschen, sei es ein Immigrant oder ein von Immigranten Beeinträchtigter?
 
 
 
  hotlaps | 03.05, 10:06

Ich seh das so: Es kommen viel billigere Arbeitskräfte nach Österreicher. Ich verliere meinen Job, weil jemand bereits ist, meine Arbeit für die Hälfte meines Gehaltes zu erledigen. Damit ich überhaupt wieder eine Anstellung bekomme muss ich mich dazu bereit erklären, auch nur mehr führ einen Bruchteil meines früheren Gehaltes zu arbeiten. Ich kann mir eine jetzige Wohnung und mein Auto nicht mehr leisten. Mein Lebensstandart sinkt ...
 
 
 
  buntfried | 03.05, 08:52
logische argumente...
... haben gegen tumbe vorurteile und trübe ressentiments noch nie was bewirken können... leider...
 
 
 
  gegenschwimmer | 03.05, 01:01
Alles ein Blödsinn
Das Problem Migration kann man nicht nur aus dem Blickwinkel Arbeitskräfteangebot und -nachfrage sehen.
Eine Gesellschaft funktioniert umso besser, je homogener sie ist. Die Bildung der Nationalstaaten war ein Fortschritt. Der Vielvölkerstaat der Donaumonarchie hat schon damals nicht funktioniert. Insofern habe ich sogar ein gewisses Verständnis für die Benes-Dekrete. Wohin eine Multi-kulti-Mischkulanz im schlimmsten Fall führen kann, haben wir doch gerade an Jugoslawien erlebt. Und die Rassenunruhen in Großbritannien, die Probleme mit den Zuwanderern aus Nordafrika in Frankreich, oder auch die Probleme zwischen Flamen und Wallonen in Belgien sollten als Beispiele reichen.
Gastarbeiter sind nicht nur Arbeitskräfte, sondern Menschen, die nach ihrer Art leben wollen. Und das tun sie am besten in ihrem eigenen Volk.
 
 
 
  polspols | 03.05, 09:39
Wohin eine Multikulti Mischkulanz führt...
sieht man am Bsp. USA. dort sind sie Staatsbürger bei uns bleiben sie auch wenn sie die Staatsbürgerschaft haben, Ausländer. Ich weiß ja nicht wie du anderen Kulturen bzw. Menschen gegenüber stehst, aber wegen solchen Meinungen sind schon Kriege entstanden.

Gastarbeiter sind Arbeitskräfte die nach ihrer Art leben wollen und das tun sie am besten in ihrem eigenen Volk.
*pfff* nach servas. Gute nacht. Himmel steh uns bei!

 
 
  weltenherrscher | 02.05, 21:38
Lasst mich raten...
..., die "Forscher" sind alle Sozialisten ??
 
 
 
  founder | 02.05, 21:25
Migranten sehr wichtig
für die Umwelt: viele Dinge wie thermische Gebäudesanierung wären mit etwas billigeren Arbeitskräften rentabler. für die Entwicklung von Osteruopa: die lernen unseren Arbeitsstil kennen und Gründen mit den Geld Betriebe in ihrer Heimat. Und vor allen: wir sind den Ostblockländern das schuldig. Deutschland und Österreich haben im ersten Weltkrieg mit dem Abwurf der Leninbombe über Russland ja erst die ganze Katastrohe in den Länder überhaupt erst ausgelöst.
 
 
 
  unwrittenlaw | 02.05, 21:13
Impact?!
Wieso zum Geier muß das Wort Einfluß durch Impact ersetzt werden?
 
 
 
  mitschelman | 02.05, 22:00
weil impact
erstens nicht einfluss, sondern auswirkung bedeutet, wenn du's schon übersetzen willst, und zweitens eine tiefere, weitreichendere Bedeutung hat als die dt. übersetzung
 
  kastor1 | 03.05, 11:03
Quatsch!
"Impact" bedeutet "Aufprall".
 
  nbx6 | 02.05, 17:10

also naja, das ist natürlich ein heisses thema. insofern sind solche studien ungefähr so unpolitisch und objektiv wie budget- oder konjunkturprognosen

der problemkomplex überalterung hat mit der EU-erweiterung auch so gut wie gar nichts zu tun. ist ein anderes thema. wenn das problem aktuell wird - in 20 jahren - sind diese länder ja längst teil der union, wohlstandsmässig angegeglichen und demografisch schon heute analog strukturiert. so richtig anders wirds in der hinsicht eh erst in nordafrika oder der türkei. von dort kommt auch die "verjüngung" europas, wenn von irgendwo

und dann die arbeitsmarktgeschichte. nein da sind viel zu viele unbekannte - im grunde weiss man nix und versteckt sich hinter abstraktionen. was heisst erfolgreich migrieren? erfolgreich für wen? was heisst effizienter arbeitsmarkt? was bringt ein effizienter arbeitsmarkt, wenns keine arbeit mehr gibt? unternehmer und industrie freuen sich klarerweise über mobilere, billige und gutausgebildete arbeitskräfte. die sozialen folgen kann man ungefähr genausogut voraussagen wie damals bei österreichischen EU-beitritt
 
 
 
  kammerjäger68 | 02.05, 21:15
@nbx6
Wahre Worte!
 
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