|
|
|
|
|
|
|
|
Neues aus der Welt der
Wissenschaft |
| |
|
|
|
|
Wie Pflanzen wissen, wann sie blühen müssen |
|
|
|
Wenn die ersten Blüten
im Frühling auftauchen, ist das eines der sichersten Zeichen, dass der
Winter allmählich vorbei ist. Doch auf welche Weise sind Pflanzen in der
Lage, die wechselnden Jahreszeiten zu registrieren - und wie verwenden
sie diese Information, um zur rechten Zeit ihre Blüten auszubilden?
Verantwortlich dafür ist ein Protein, das sich - je nach Tageslänge - im
Zellkern der Pflanzen anreichert oder sehr schnell wieder abgebaut wird,
wie nun deutsche Forscher berichten. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Die Wissenschaftler
vom Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung beschreiben im
Fachmagazin "Science" das molekulare Regelwerk, über das ein Gen mit dem
Namen CONSTANS die Blütenbildung auslöst. |
|
Der
Artikel "Photoreceptor Regulation of CONSTANS Protein and the Mechanism
of Photoperiodic Flowering" ist erschienen in "Science", Bd. 303, Seiten
1003 - 1006, Ausgabe vom 13. Februar 2004. |
|
|
Der Artikel in "Science" (kostenpflichtig) |
|
|
|
|
|
|
Photoperiodismus: Im Pflanzenreich weit verbreitet |
|
|
|
Vor etwa 80 Jahren
konnte erstmals gezeigt werden, dass Tabakpflanzen zwischen Sommer und
Winter unterscheiden können, indem sie die Tageslänge messen.
Wie man später herausfand, ist dieser Vorgang - der so genannte
Photoperiodismus - im Pflanzenreich weit verbreitet. Er kommt zudem auch
bei Säugetieren, Insekten und Vögeln vor.
Außer der Blütenbildung werden auch noch andere, saisonabhängige
Vorgänge über die Tageslänge gesteuert, wie beispielsweise die Bildung
der Knollen bei der Kartoffel oder die Winterruhe der Knospen von
Obstbäumen. |
|
|
|
|
|
Bünnings Modell zum pflanzlichen Tagesrhythmus |
|
|
|
Das erste Modell, mit
dem man die Mechanismen des Photoperiodismus zu erklären suchte, stammt
von Erwin Bünning, der in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts
in Jena und Königsberg und nach 1946 in Tübingen arbeitete.
Demnach werden viele Aspekte des pflanzlichen Verhaltens vom
Tagesrhythmus gesteuert, zum Beispiel die Bewegung der Blätter, um das
Sonnenlicht optimal zu verwerten, oder das Schließen der Spaltöffnungen
an den Blättern, um den Wasserverlust während des Tages möglichst gering
zu halten. |
|
Innere Uhr mit 24-Stunden-Zyklus
Diese Verhaltensweisen folgen einem circadianen Rhythmus, d.h. sie
werden von einer inneren Uhr gesteuert, deren Zyklus etwa 24 Stunden
dauert. Bünning schlug damals vor, diese innere Uhr bilde auch die Basis
für den Photoperiodismus. Nach seiner Vorstellung kontrolliert der von
der inneren Uhr erzeugte Rhythmus die Blütenbildung, wobei ein Abschnitt
des Rhythmus lichtempfindlich sei. Wann eine Pflanze also zu blühen
beginnt, hängt davon ab, ob sie während des lichtempfindlichen
Abschnitts ihres inneren Rhythmus tatsächlich dem Sonnenlicht ausgesetzt
war. |
|
|
|
|
|
|
Blütenbildung nur an langen Tagen |
|
|
|
Nach Bünnings Modell
kann die Blütenbildung nur an langen, nicht aber an kurzen Tagen
eingeleitet werden, da die lichtempfindliche Phase bei langer
Sonneneinstrahlung im Licht, an kurzen Tagen aber in der Dunkelheit
liegt.
Die Blütenbildung hinge demzufolge davon ab, ob ein externes Signal
(Licht) mit einem internen Rhythmus zusammenwirkt. |
|
|
|
|
|
Untersuchungen an der Ackerschmalwand
|
|
|
|
Wenn die Tage lang sind, fängt die Ackerschmalwand (Arabidopsis
thaliana) zu blühen an. Die Pflanzen auf der linken Seite wurden 16
Stunden am Tag dem Licht ausgesetzt. Sie haben zu blühen begonnen und
bilden Samen. Die Pflanzen auf der rechten Seite sind gleich alt, blühen
aber noch nicht. Sie haben pro Tag nur 10 Stunden Licht erhalten.
Bünnings Modell wurde in den letzten Jahren vertieft - als es gelang,
Gene zu isolieren, die die Blütenbildung kontrollieren. Eines dieser
Gene haben die Max-Planck-Wissenschaftler nun genauer untersucht - bei
der Lieblingspflanze der Genetiker, der Ackerschmalwand.
In der Natur blüht Arabidopsis thaliana im Frühling, als Folge
der länger werdenden Tage. Die Pflanze kann jedoch nicht mehr zwischen
langen und kurzen Tagen unterscheiden, wenn eines jener Gene inaktiviert
wird, die an diesem Vorgang beteiligt sind. Zu diesen Erbgutfaktoren
gehört CONSTANS. |
|
|
|
|
|
Proteinproduktion - Kontrolliert von der inneren Uhr |
|
|
|
CONSTANS sorgt in der
Pflanze für die Produktion eines bestimmten Proteins und wird von der
inneren Uhr kontrolliert, indem seine Boten-RNA erst etwa 12 Stunden
nach Tagesanbruch zum erstenmal gebildet und dann noch bis zum nächsten
Morgen hergestellt wird.
Dieses charakteristische Expressionsmuster bewirkt, dass an langen Tagen
das CONSTANS-Gen auch im Tageslicht exprimiert wird, während an kurzen
Tagen die Expression nur in der Dunkelheit stattfindet. |
|
|
|
|
|
Überlappung von Expression und Licht als Lösung? |
|
|
|
Würde also CONSTANS
die Blütenbildung nur unter der Bedingung einleiten, dass sich seine
Expression mit der Einwirkung von Licht überlappt, so könnte das
erklären, warum Pflanzen an langen, nicht aber an kurzen Tagen zu blühen
beginnen.
Einen wesentlichen Mechanismus, über den das Licht auf das
CONSTANS-Protein einwirkt, haben nun die Forscher geklärt. |
|
|
|
|
|
Licht-Rezeptoren sorgen für Aktivierung |
|
|
|
Beteiligt sind die
Pflanzenproteine Cryptochrom und Phytochrom A, die blaues
beziehungsweise dunkelrotes Licht detektieren.
Sind diese Licht-Rezeptoren am Ende des Tages durch das einwirkende
blaue oder dunkelrote Licht immer noch aktiv, so wird verhindert, dass
das neu hergestellte CONSTANS-Protein gleich wieder abgebaut wird.
Vielmehr kann es sich dann im Zellkern anreichern und dort bestimmte
Zielgene einschalten, die die Blütenbildung auslösen.
Snd diese Rezeptoren jedoch wegen der einsetzenden Dunkelheit nicht mehr
aktiv, so haftet sich ein kleines Protein namens Ubiquitin an das
CONSTANS-Protein und führt zu dessen raschem Abbau. |
|
|
|
|
|
Kurze Tage, kein CONSTANS-Protein zu finden
|
|
|
|
Das CONSTANS-Protein wurde durch Verknüpfung mit dem Leuchtprotein
einer Qualle sichtbar gemacht und erscheint grün, Chloroplasten sind rot
gefärbt. Im Bild links sieht man die Zellen der Spaltöffnung einer
Pflanze, die Licht an langen Tagen ausgesetzt war. Im rechten Bild sieht
man die gleichen Zellen von einer Pflanzen, die an kurzen Tagen
aufwuchs.
Daher ist bei kurzer Tageslänge das CONSTANS-Protein in Pflanzenzellen
nicht zu finden, obwohl seine Boten-RNA gebildet wird.
Ähnlich wie es seinerzeit Bünning vorgeschlagen hat, folgt die
Anreicherung des CONSTANS-Protein im Zellkern also einem
Licht-sensitiven Rhythmus, der die Blütenbildung nur bei größerer
Tageslänge erlaubt - wenn Pflanzen auch 12 Stunden nach Tagesanbruch
noch Licht erhalten. |
|
|
|
|
|
Ausblick für die Nutzpflanzen-Forschung |
|
|
|
Diese grundlegenden
Beobachtungen sind dabei nicht auf die Ackerschmalwand Arabidopsis
allein beschränkt. Denn CONSTANS kommt beispielsweise auch im Reis vor,
dessen letzter gemeinsame Vorfahre mit der Ackerschmalwand immerhin vor
gut 150 Millionen Jahren existierte.
Das Wissen, auf welche Weise Blüten im Frühling gebildet werden, könnte
daher auch dabei helfen, den Ertrag wichtiger Nutzpflanzen wie Reis zu
steigern. |
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Mehr zu diesem Thema
in science.ORF.at: |
|
|